Projektentwicklung Holz

am Beispiel eines Firmensitzes in der Schweiz

Vision

Der Entwurf von Shigeru Ban gleicht aus der Vogelperspektive einer hölzernen Riesenschlange. Der Architekt legt bei seinem Entwurf besonderen Fokus auf Holz, da es als einziger nachwachsender Baustoff der Welt umweltfreundlich und die Stadt Biel zudem für ihre fortschrittliche Holztechnologie bekannt ist. Ziel des außergewöhnlichen Entwurfs ist es, durch den Einsatz und die Kombination unterschiedlichster Materialien ein innovatives Gebäude zu schaffen, welches als neue Ikone der Stadt fungiert.

 

Planung & Design

Die Grundstruktur des Gebäudes besteht aus Leimholzbindern, die als Gitternetz die organische Form einer sich am Boden windenden Schlange aufzeigen. Die Leimholzstruktur bildet das Traggerüst.

Die jeweils rautenförmigen Öffnungen, die sich durch die primäre Tragstruktur ergeben, sind mit den unterschiedlichsten Füllelementen geschlossen. Bedingt durch die geschwungene Form der Gebäudestruktur sind die Füllungen als gebogene Elemente ausgeführt. Unterschiedliche Anforderungen an die Funktion der finalen Gebäudehülle sind die Basis für die Auswahl des jeweiligen Element-Typs.

Es kommen vier grundsätzlich unterschiedliche Element-Typen zum Einsatz, um den hohen Anforderungen an Wärmeschutz, Schallschutz, Sonnenschutz und Design gerecht zu werden. Diese bestehen zumeist aus einem entweder gebogenen oder rund- bzw. 3-dimensional-gefrästen Holzrahmen in unterschiedlicher Form. Insgesamt ergeben sich so 2.800 Stück geometrisch unterschiedliche Fassadenelemente, mit u.a. nachfolgenden Aufbauten:

  • Closed Cavity Elemente (CCF) mit innenliegendem, planem 3-fach-Isolierglas mit Wärmeschutzschicht, äußerer gebogener Einfachverglasung und im Zwischenraum mittig angeordneter, trapezförmiger Sonnenschutzgegenzuganlage. Die Elemente sind mit permanenter Spülluftversorgung versehen, um getrocknete Luft im Zwischenraum gezielt zu- und abzuführen und somit Kondensatbildung zu vermeiden.
  • ETFE-Folienkissen-Elemente aus opaken und transparenten ETFE-Folien mit einer gebogenen Polycarbonatplatte und mehreren Stegplatten im Zwischenraum. Die Kissen sind mehrlagig ausgebildet und ebenfalls mit Luft durchspült.

Einige Elemente wurden zudem mit Photovoltaik ausgestattet.

Insbesondere die Auswahl der richtigen Holzart und die Bestimmung des perfekten Holz-Trocknungsgrades waren für die Funktionalität der Fassadenelemente entscheidend.

 

Bauteilversuche & Materialtests

Die Gebäudehülle ist prinzipiell eine Neuentwicklung. Die geometrische Struktur als Freiform mit den Einsatzelementen in Holzbauweise und den verwendeten Techniken zur Erlangung der bauphysikalischen Anforderungen ist ein Unikat.

Als Auszug wurden die nachfolgend aufgelisteten Versuche durchgeführt:

  • Schallschutzversuche mit Original-Elementen
  • Lichttechnische Untersuchungen
  • Gesamtenergiedurchlassuntersuchungen und -berechnungen (g-Wert)
  • Statische Versuche
  • Klebeversuche zwischen Holz und Glas für die CCF-Elemente
  • Lacksystemuntersuchungen für Holzoberflächen und Langzeitversuche für Oberflächenqualität
  • Fogging-Tests im CCF-Element für Einzelteile und das Gesamtsystem
  • Zyklen-Tests der Sonnenschutzgegenzuganlage im CCF-Element
 

Muster

Für die unterschiedlichen Einsatzelemente wurde jeweils ein optisches Muster im Originalaufbau angefertigt.

Zudem wurde für die Wind- und Schlagregendichtigkeitsprüfungen ein ganzheitliches Performance-Mock-up gebaut.

 

 

Fertigung

Alle Elemente wurden komplett vorgefertigt und im einbaufähigen Zustand an die Baustelle geliefert. Die Elementgröße beträgt in der Regel 2,3 m x 2,3 m.

Die Holzrahmen wurden gänzlich mit 5-Achs-Fräsanlagen in ihre der organischen Gebäudeform entsprechende Struktur gefräst. Die Verklebung der FPO-Folien wurde unter Vakuum ausgeführt. Die CCF-Elemente wurden unmittelbar nach Fertigstellung im Werk an eine temporäre Spülluftversorgung angeschlossen, um Kondensatbildung während des Transports zu vermeiden. Die Photovoltaik-Elemente wurden in kaltem Zustand gebogen und verklebt.

 

Montage

Auf die zuvor errichtete primäre Holzstruktur wurde das Glasauflagersystem aufgebracht. Die vorgefertigten Elemente wurden mit Hilfe eines Krans in entsprechender Reihenfolge an der Holzkonstruktion befestigt und mit Pressleisten versehen. Die Montagereihenfolge wurde vorab ermittelt, wobei der wesentliche Parameter das jeweilige Gewicht war, welches durch das eingesetzte Element auf die Tragstruktur einwirkte. Die Montagereihenfolge war abhängig von einer gleichmäßigen Verteilung der im fortlaufenden Montagezustand einwirkenden Lasten.

Unmittelbar nach dem Einsetzen und Montieren der CCF-Elemente wurden diese von der temporären Spülluftversorgung auf der Baustelle abgekoppelt und an die zuvor installierte, finale Luftversorgung am Gebäude angeschlossen. Die Montage erfolgte unter Zuhilfenahme von Kränen und Gerüsten.

 

Fertigstellung